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Gedankenbahn

Eine Schar an Erinnerungen raste durch seinen Kopf. Kolonnen kamen und verschwanden genauso schnell wieder, wie sie auftauchten. Manche mit großem Getöse, andere leise und bedächtig – aber nicht weniger schnell. Seine Nervenbahnen wurden zu Rennstrecken, missbraucht für einen endlosen Geschwindigkeitsrausch.

Würde er jedes Mal blinzeln, wenn eine Erinnerung mit überhöhter Geschwindigkeit anraste, wäre er längst ohnmächtig. Doch war er es nicht ohnehin schon? Das lärmende Gepolter hinderte ihn am Schlafen. Ideen mussten auf die rechte Seite weichen, um Platz zu schaffen für die Überholspuren, auf denen unkontrolliert geflitzt wurde. Viele gute Ideen reihten sich hinter trägen Routinen ein, eingekesselt, ausgebremst. Ein schnelles Vorwärtskommen? Meist unmöglich. Das Ziel erreichten die Wenigsten. Die Meisten nahmen frustriert die nächste Abfahrt und verschwanden.

Nur wenige waren kühn genug, sich auf die linke Spur zu wagen, um dann bedrängt schnell wieder zurückzuweichen. Im schlimmsten Fall kam es zu einem Unfall, wenn die Ideen nicht rechtzeitig ausweichen konnten und mit den pulsierenden Erinnerungen kollidierten. Die Folge: stechende Kopfschmerzen. Ein Stau, der sich von der Kindheit bis zum Moment des Unglücks staute.

Im besten Fall lösten sich die Ideen einfach auf – als hätte es sie nie gegeben.

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