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Der Schnitt

Hallo Maren,

eigentlich wollte ich dir nie wieder schreiben. Du hast mich richtig enttäuscht. Ich war niedergeschlagen, als ich bemerkt habe, wie du wirklich bist. Ich konnte kaum mehr schlafen. Immer kreisten die Gedanken um dich. Du hast mich eingenommen. Ich konnte nicht mehr anders. Ich war zu schwach? Du hast mich ausgezehrt, wie ein Parasit seinen Wirt. Ein Parasit, der entweder am Ende als Gewinner über seinen Wirt dasteht oder rechtzeitig abgeschüttelt werden kann, bevor er ihn vollkommen vereinnahmt und das letzte lebendige aus ihm aussaugt. Beinahe hättest du gewonnen. Ich war am Ende. Du hast mir nicht gut getan. Vielleicht war dir das nicht bewusst? Vielleicht war deshalb mein Schnitt für dich unverständlich?

Aber ich musste handeln eh sich deine Ranken hätten noch weiter in mich hineinbohren können. Du hast es vielleicht nicht absichtlich gemacht. Du brauchtest vielleicht nur Nahrung? Und ich war eine leichte Quelle. Anfangs habe ich es sogar genossen. Aber da war es noch eher eine Partnerschaft. Ein Geben und ein Nehmen. Am Ende hast du nur noch genommen, aber nichts mehr gegeben. Ich sollte alles für dich tun. Aber für mich? Für mich warst du nicht mehr da, weil du nur noch mit dir beschäftigt warst. Mit deiner kleinen Welt. Ich entschuldige. Großen Welt. Du wolltest hoch hinaus. In den Himmel wachsen. Karriere hier, Karriere da. Aber wo war ich? Ich sollte dir nur den Rücken freihalten. Dir Stabilität geben. Dafür war ich da. Mehr war da doch nicht mehr. All das Schöne, was uns verbunden hat, ist abgestorben mir der Zeit. Auch wenn es schade ist. Und auch wenn du jetzt nicht mehr weiter weißt. Ich kann nicht anders reagieren, als dich jetzt abzuschütteln. Ich muss auch mal an mich denken. Sonst gehe ich irgendwann zu Grunde. Wegen dir. Es tut mir leid. Ich hätte dir eher Bescheid sagen können. Das muss ich zugeben, aber ich war zu schwach. Zu verblendet von der Sonne am Himmel. Von dir. Vielleicht hätten wir dann noch einen Kompromiss finden können. So, dass wir beide hätten miteinander leben können. Nun ist es zu spät. Lebe wohl.

Max

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