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Die letzte Nacht oder das Ende einer Geschichte

Er bekam keine Luft mehr. Er drohte zu ersticken. Jedes Happen nach Luft fiel ihm schwer, glich einem Marathonlauf. Er schlug wild um sich, geriet in Panik. Wie ist er nur in diese Situation gekommen? Gerade war noch alles in Ordnung und jetzt müsste er sterben. Sterben? Sterben wollte er noch nicht und wenn auch nicht so. Wenn wollte er cooler sterben. Vielleicht als Held? Hundert Menschenleben retten und sein eigenes dafür opfern? Das wäre es gewesen. Aber jetzt drückte jemand ein Kissen in sein Gesicht, um ihn zum ewigen Schlafen zu nötigen. Bequem war was anderes. Und schöne Träume würde er danach ganz sicher nicht haben. Wenn er danach überhaupt noch etwas wahrnehmen würde als den Duft des Todes, der gerade in seine Nase wehte. Warum hatte er ihn nur so provoziert, dachte er sich, während er versuchte sich aus seiner misslichen Lage zu befreien. Jetzt müsste er zahlen – und das doppelt. Einmal mit seinem Geld – Er hat ihn beraubt. Und jetzt noch mit seinem Leben.

Die unbestimmte Person drückte weiter zu. Immer fester klammerten die Hände das Kissen und pressten es in sein Gesicht. Mit jeder Bewegung wurde das Vordergründige surrealer und geriet in den Hintergrund. Etwas Neues nahm seinen Platz ein. Das Hotelzimmer wich einer Wüste mit einem Brunnen aus Milch als rettende Oase. Das Kissen, welches gerade noch drückend, aber weich war, wurde hart wie ein Stein, zertrümmerte seinen Kopf und zerstreute den Inhalt in alle Weite. Er spürte wie seine Gedanken im Wind der Wüste wie Sandkörner in alle Weiten davonwehten. Er fühlte sich frei und losgelöst von diesem Ort. Was sein Angreifer just in diesem Moment im Hotelzimmer mit ihm anstellte interessierte ihn nicht mehr. Ob er überleben würde, wurde zweitrangig, verglichen mit dem, was ihm jetzt wiederfuhr. Nichts schien mehr zu begrenzen in seiner neuen Welt. Nicht mal mehr sein eigener Körper, den er nicht mehr spürte. Und obwohl die Umgebung immer trostloser wurde, der Brunnen versiegte und der Wind schwächer wurde, gefiel ihm dieser Zustand immer mehr, weshalb er schluss-endlich aufhörte gegen seinen Widersacher anzukämpfen. Er sah keinen Sinn mehr darin. Er lebte jetzt hier und nicht mehr dort. Als ihm bewusst wurde, dass er jetzt starb und er doch nicht sterben wollte, war es bereits zu spät. Die Nacht war bereits eingebrochen und hatte die Sonne ausgelöscht. Alles wurde dunkel und kalt. Er schließt seine Augen unter dem Kissen zum letzten Mal und der Angreifer verlässt erfüllt das Zimmer.

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